Wanderung ohne Franzosen

wanderung ohne franzosen 37

Beinahe Treffen der Scouts de Abbeville und der Seepfadfinder – Wenn Pfadfinder den Pfad nicht finden

Am Morgen des 17. Juli 2011 kroch das Licht des neuen Tages genauso verschlafen durch den Nebel, wie ich mich aus dem Bett schwang. Wenn man das schwingen nennen konnte, ich hätte wohl jedem Zombiedarsteller der letzten zehn Jahre Kinogeschichte Konkurrenz machen können. Einige Kaffee und einen gepackten Rucksack später stand ich dann, wie verabredet, vor einem Gülser Supermarkt und wartete auf den Rest unseres kleinen Kontingents.
Der Grund dieser samstäglichen Aktion war die Verabredung mit einer Gruppe französischer Pfadfinder aus Abbeville, die sich mit Michael (unserem Stammesoberhaupt) zu einer gemeinsamen Wanderung zur Burg Eltz und anschließender Übernachtung in Treis-Karden verabredet hatten. Wir sollten lediglich unsere eigene Verpflegung mitbringen.
Also zurück zu meiner „Wacht am Supermarkt“: Nach und nach trudelten dann neben Micha „Walks without Feathers“ Kock und mir noch die Gebrüder Christopher „Sideshow Bob“ und Daniel „Conan the Barber“ McTolksdorf, sowie unsere Völkerballexpertin Jana und die beiden Jungpfadfinderinnen Anne und Natalie ein. Während ich dann noch kurz das Gepäck hütete begab sich unsere wackere Schar in die wohl beleuchteten Tiefen des Supermarktes, um dort zielgerichtet zu foragieren und den subtilen Sirenenklängen des Konsums zu trotzen.
Nach einer kurzen Weile erschien unsere Gruppe wieder und umklammerte, ob der schweren Versuchungen im Tempel des Todes Supermarkt, ihren Preis: Zwiebeln, Gewürze, passierte Tomaten, Nudeln, Äpfel und, als Wichtigstes, 1½ Pfund Nutella. Denn, wie jeder seit Frank Millers 300 weiss: DAS! IST!! NUTELLA!!!
Profiantiert und motiviert nahmen wir nun den Zug nach Moselkern, um die dreißig Pfadfinder aus Abbeville zu treffen und ihnen unser Willkommen zu entbieten. Und wir kamen an. Außer uns keine Menschenseele auf dem Bahnsteig; auch kein Tier, wenn diverse Mikroben nicht mitgerechnet werden. Also warteten wir. Zunächst eine halbe Stunde. Dann noch eine. Danach schickten wir Späher voraus, falls sich unsere französischen Kameraden im Halt geirrt haben sollten. Erstere kamen zurück: Keine Spur von unseren Franzosen.
Nun war schon Mittag, der Nebel durch die warmen Sonnenstrahlen vertrieben und kaum eine Wolke am Himmel. Nach kurzer Beratung entschlossen wir uns das Ausbleiben der Franzosen nicht als Vorwand zu nutzen, um einen anscheinend perfekten Wandertag ausfallen zu lassen. Dann halt ohne unsere französischen Gäste.
Also Rucksack geschul… mhh, einige hatten sich auf ein Basislager verlassen und nur Sporttaschen mitgebracht. Gut, die kann man ja auch über die Schultern tragen! Nur erheblich weniger komfortabel.
Nach einer kurzen Weile hatten wir dann doch das Gepäck möglichst günstig umverteilt und begaben uns auf den Weg Richtung Koblenz. Ziel war es von Moselkern aus den Moselhöhenweg zu erreichen und über diesen nach Güls zu gelangen. Und so traten wir unseren Weg an.
Auch wenn der Aufstieg von Moselkern auf das oberhalb gelegene Plateau zunächst anstrengend war erreichten wir die Moselhöhen in guter Zeit. Der folgende Weg führte uns über die Ortschaften Lasserg, Metternich, Mörz und Moselsürsch, während die Kühle des Vormittags schnell wich und die Sonne aus einem kobaltblauem Himmel erbarmungslos auf uns nieder brannte.
Gegen Ende des Tages machten wir unsere Position oberhalb von Lehmen an einer Schutzhütte aus, wo wir unser Lager aufschlagen wollten. Da Micha vorausgeplant hatte, hatten wir acht Kotenblätter einschließlich Seilen eingepackt, jedoch keinerlei Kochuntensilien; auch hatten wir keinerlei Trinkwasser oder gar Gewürze und Salz dabei, war die Planung doch gewesen mit den Scouts de Abbeville zusammen in einem Selbstversorgerhaus in Treis-Karden zu übernachten.
Unsere letzte Hoffnung ruhte somit auf dem nahe gelegenen Lehmener Ortsteil „Lehmer Höfe“. Sollten wir dort niemanden mit einem weiten Herz für unsere Lage finden wäre es ein langer, langer Weg bei Nacht nach Güls, mit hungrigen Mägen.
Nach einigem Umherirren fanden wir dann eine freundliche Familie, die uns nicht nur Trinkwasser zur Verfügung stellte, sondern uns sogar die Nudeln kochte, Salz und Gewürze überliess und darüber hinaus auch noch Cola und Saft schenkte! Zur Zubereitung unserer Soße gab uns die Familie sogar noch eine nicht mehr benötigte Pfanne mit, die später den Namen „Rosti“ erhielt und in unserem Lagerraum verstaut wurde.
Derart ausgestattet kehrten wir zum Lager, welches inzwischen errichtet war, zurück. Nach dem Abendessen sanken wir alle nach und nach zufrieden in unsere Schlafsäcke, während das rhythmische Tappen eines nächtlichen Regenschauers uns in den Schlaf sang.
Am kommenden Morgen brachen wir das Lager nach unserem experimentellen Frühstück (Nutella mit gebratenen Nudeln) ab und stiegen hinab zum Lehmener Bahnhof, von wo aus wir zurück nach Güls fuhren.
Wie Micha erfuhr hatten uns unseren französischen Freunde wohl schlicht vergessen und waren dann zum verabredeten Termin in Trier gesichtet worden. Ob sie da die Porta Nigra und die Kaiserthermen besichtigten oder verzweifelt nach unserer Gruppe suchten mochte jedoch niemand zu sagen.

Rolf